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Tunnel soll Glattal entlasten

KANTONSRAT Die Idee einer Glattalautobahn ist nicht neu, doch seit Montag ist im Richtplan eine neue Linienführung genehmigt. Statt wie bisher über Kloten würde nun ein Tunnel unter Dietlikon nach Opfikon führen.

Der Kantonsrat hat am Montag einen Beschluss gefasst, der für die Verkehrssituation im Unterland Konsequenzen hat: Er hat im Richtplan den Verlauf einer Glattalautobahn über Dietlikon und Wallisellen festgelegt.

Die schon heute regelmässig ausgelasteten Autobahnabschnitte auf der A1 sind einer der grössten Engpässe im Nationalstrassennetz. Durch die Ausbauten am Gubrist – gebaut wird eine dritte Röhre, insgesamt werden bis 2025 sechs Spuren zur Verfügung stehen – dürfte die Situation weiter anspannen. Nicht zuletzt deshalb liebäugeln Bund und Kanton bereits seit längerer Zeit mit einer Glattalautobahn, doch bisher war im Richtplan dazu eine Strecke über Kloten und Bassersdorf vorgesehen. Diese Idee wurde nun verworfen, der dadurch entstehende Mehrverkehr hätte die Kapazität im Gebiet gesprengt.

Per Tunnel unter Dietlikon und Wallisellen ans Ziel

Stattdessen sieht der neue Richtplaneintrag ein ehrgeiziges Projekt vor: ein Tunnel, der bei Baltenswil ein wenig nördlich des Brüttiseller Kreuzes unter der BahnlinieunddemneuenBrüttemer Tunnel, unter Dietlikon und Wallisellen bis nach Opfikon führen würde. Für diese Linienführung aktiv eingesetzt hatten sich im Vorfeld die Gemeinden Bassersdorf, Dietlikon und Wangen-Brüttisellen. Sie gaben eine Studie in Auftrag, die auch die Planung des Brüttemer Tunnels beinhaltet. Der Dietliker Gemeinderat Philipp Flach erklärt, weshalb seine Gemeinde eine andere Lösung gesucht hat: «Die ursprüngliche Linienführung vom Rastplatz bei Baltenswil über die Bahnlinie hätte dazu geführt, dass es am Kreuzungspunkt drei Ebenen gegeben hätte: die Kantonsstrasse zuunterst, darüber die Bahnlinie und dann die neue Glattalautobahn.» Das hätte viel Lärm verursacht und wäre auch ästhetisch ein schwerer Eingriff in die Umgebung gewesen – über 20 Meter hohe Pfeiler hätten dazu errichtet werden müssen. Eine Untertunnelung wäre zudem an der Stelle nicht möglich gewesen, weil es in diesem Gebiet einen Grundwassersee gibt. Die jetzt geplante Tunnelvariante sei daher die bessere Lösung.

Fluch oder Segen für die Dorfzentren

Kosten würde der Mammutbau nach groben Schätzungen zwischen 2 bis knapp 4 Milliarden Franken. Bis sich die Strecke aber von der Linie auf dem Richtplan zu einer real befahrbaren Strasse wandeln wird, dürfte es noch etwas dauern: Erst ab 2020 wird die Linie in den offiziellen Netzbeschluss, der vorgibt, wo es Autobahnen geben soll, aufgenommen. Danach wird dem Bundesrat ein generelles Projekt vorgelegt. Bis aus diesem ein Ausführungsprojekt entsteht und bis dann alle Einwendungsverfahren durchlaufen sind, dürfte es mindestens 2035 werden, bevor mit dem Bau begonnen werden kann. Vor 2040 ist mit der Glattalautobahn nicht zu rechnen.

Im Kantonsrat wurde die Debatte zum Richtplaneintrag von links gegen rechts und primär wegen Grundsätzlichem geführt, einig war man sich nur, dass die neue Linienführung besser als die alte sei. Die Linke wollte auf die Einträge ganz verzichten. Sie befürchtet, dass gemeinsam mit der Oberlandautobahn zwei gesamteuropäische Transitrouten durch den Kanton Zürich geschaffen werden: von Norden nach Süden von Deutschland über Schaffhausen, das Glattal, die Oberlandautobahn und den San Bernardino. Von Osten nach Westen von Frankreich über den Kanton Aargau, den Gubrist, die Glattalautobahn, die Oberlandautobahn nach Österreich und Osteuropa.

Von bürgerlicher Seite wurden die Einträge als geradezu notwendig betrachtet. Der Oberembracher Michael Welz (EDU) verspricht sich von einer Glattalautobahn merkliche Verbesserungen für das Unterland. Wegen der bereits heute oft verstopften Autobahn würde der Verkehr auf Neben- und Gemeindestrasse nämlich zunehmen. Eine zusätzliche Autobahn könnte daher Entlastung schaffen.

GenaudasGegenteilbefürchtet Ruedi Lais (SP), der wie Welz Teil der Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt (Kevu) ist. «Es gibt bereits jetzt viele Ortskerne, die am Absterben sind, wo vergammelter Wohnraum entsteht», sagt Lais. Dies, weil die Kerne immer unattraktiver werden: Das Gewerbe stirbt aus, der Lärm des Verkehrs nimmt zu – nicht zuletzt wegen der Autobahn, ist Lais überzeugt. Sie führe dazu, dass man sich lieber ins Auto setzt und im Glattzentrum oder in Waldshut einkauft, was den Dörfern schade. Lais hatte auch deshalb im Kantonsrat gegen die Richtplaneinträge gestimmt. Er betont nun, dass es flankierende Massnahmen in den Dorfzentren brauche. «Diese Zentren werden nur wieder besser, wenn man den Verkehr beruhigt. Geschieht dies nicht, werden diese neuen Autobahnen die Gemeinden unattraktiver machen.» Manuel Navarro

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